1. Toward a European Standard Code for Critical Interchange (ESCCI)
Wenn wir das Netz einfach einmal als Kind der Moderne ansehen, gehört dazu auch das klassische Genre der Kritik. Während des hiesigen Zeitalters des Massenkonformismus, voller Mikropraxis und Ich-Management, ist die Kunst der Kritik jedoch in Vergessenheit geraten. Die hiesigen Kommentare zielen nur noch auf Korrektur von Verhaltensweisen ab. Die Meinungsmacher/innen haben alles Angebotene längst hinter sich, sehen das ganze wirklich ernsthaft differenziert, von sicheren Abstand. Die glückliche Tatsache, man sei eben nicht engagiert, wird als persönliche Errungenschaft gefeiert. Solche talking heads ohne Eigenschaften sind aber nutzlos in Zeiten rascher Entwicklungen, sowie das beim Wachstum der Computernetze im Moment der Fall ist.
Man wirft sich die Fetischisierung der eigenen Werkzeuge vor: während die einen an der Ordnung des Schriftdiskurses festhalten, sind die anderen betäubt von der Funktionsvielfalt ihrer Wunschmaschinen. Zwischen Verweigerung und Ekstase ist daher ein Niemandsland entstanden,wo nur wenige sich aufhalten. Die Wissenschaftler sind voll auf mit der Karthographie des Wissens beschäftigt, während die Visionäre von der Westküste ständig neue Cybermythen produzieren. Dabei finden diese Evangelisten des Technopols nur wenig Widerstand. Jede kritische Bemerkung ist der Verflüssigung ausgesetzt und wird zur Netzannekdote. Im Rauschen des Spekulierens geht es um das Durchspielen von möglichen Modellen und der Weltuntergang ist ein Szenario unter vielen. Technikkritik ist eine Position auf denen sich die Hippie-Konservativen und Alternativ-Liberalen gerne mal einlassen, wenn es poetisch-futuristisch wirkt und einen jugendlich-verrückten Anklang hat.Die "Rage Against the Machine" dient vor allem der Verbesserung im Ich- Design in Richtung einer niedlichen, körperbezogenen Gesellschaftkritik. Jede zynische, erhabene Haltung rächt sich im Falle einer Kritik der neuen Medien. Man hofft, mit dem heruntermachen einiger Modewörter wie Multi-Media, Virtuelle Gemeinschaften, Cyberspace und Tele-Arbeit, die damit verbunden gesellschaftlichen Umschichtungen wieder in den Hintergrund zu drängen. Aber vergebens. Neue Medien sind aber wie neugeborenen Kinder: sie können fruchtbar laut und andauerend schreien und das verneinen hilft dann am allerwenigsten. Wenn wir daraus eine Mode machen, wird's wohl bald wieder verschwinden, so die Hoffnung in den Kreisen der alten Medien. Es geht hier um eine Ökonomie der Enttäuschung: wenn die Erwartungen über die Computerleistungen sich lange genug hinauszögern lassen, wird der Fernseher wiedereingeschaltet. Je schneller die Computer, um so langsamer die neue Software, so die Erfahrung des Powerusers 95.
Man kann sich nicht lustig machen über die langsamen Verbindungen, halbfertigen Bilder, die ins Stocken geraten, rivalisierenden Softwarepaketen, die eng zusammengepackt, dauerhaft die Festplatte zum Überlauf bringen, e-mails die nie ankamen, marode ISDN-Leitungen (gibt es sowas nur in Ost-Berlin?), Server die down sind, Mailinglists die alle Post zweimal schicken oder sich nicht mehr abbestellen lassen,die große Zahl der Websites die "Under Construction" sind oder bleiben, Schildkröten-telnet, interessante IRC-sessions wo keinerauftaucht, enttäuschend hohe Telefongebühren. Die Pioniere haben aber die richtige masochistische Mentalität und genießen heimlich den Datenstau. Für den Wunsch ist es notwendig, daß die Maschine nie richtig funktioniert. Für Visionäre aber ist der Performanceverlust einfach Tabu und man darf davon nicht sprechen, geschweige denn darüber lachen.
Die Netzkritik ist ambivalent, sie steht mit einem Bein imstaubigen Gutenberg-Archiv und der schmutzige Realität, mit demanderen im körperlosen Digitalia. Sie bringt das Unbehagen in derInformation an die Oberfläche und versucht das Unvereinbare produktivzu machen, wie zum Beispiel die Schreib- und Übertragungsgeschwindigkeit mit dem der Reflexion. Es geht nach Viriliodarum, wieder ein Moment der Enscheidung einzuführen. Es geht dabei um illegitime Anschlüsse, hybride Konstruktionen, einer "Ästhetik derVerlangsamung" und eine ganz eigene Mischung aus lokalen und globalen Elementen. Es gibt kein Apriori mehr, auch keine Überlegenheit von Hardware über Software (trotz Kittler). Jede Verschaltung kann durch andere ersetzt werden. Trotzdem braucht es eine neue materialistische Netzanalyse, die sich um Copyright und Kabelrechte sorgt. Es reicht nicht aus, sich von den Priestern des Wired-Evangeliums abzuwenden. Die Third Wave-Industrie soll angegriffen werden, inclusive ihrer zynischen New Age-Ideologie. Digital marxism ist da zu schwerfällig. Ihre Ideologiekritik bewegt sich nur noch im Bereich des Kulturkampfes innerhalb des Gutenbergischen Areals. Die Europäische Kritik der Netze wird eher einen materiellen Kern nachzuweisen versuchen, dagegen aber werden Nord-Amerikanische Analysen gegen die Entkörperlichung argumentieren. Die Netzkritik kann sich auf die Datenkritik stützen, die besagt, daß Skepsis immer auch die eigenen Mittel einschließt. Es reicht nicht aus, die Großkonzerne, Kleinunternehmer und naiven Netzbenutzer zu attackieren, sondern auch das Verborgene hinter den eigenen Metaphern ins Spiel zu bringen.
2. Über den kybernetischen Kritizismus
Betrachtet man die klassische Welt der Massenmedien von der Cyberkultur aus, erweist sich die Kritik als die wichtigste Produktivkraft bei der Erzeugung von Nachrichten. Eine schlechte Welt wird von schlechten Nachrichten hervorgebracht. Nachrichtentechnologien können noch so sehr state of the art sein, dennoch dienen sie, wie mehr und mehr beklagt wird, vorwiegend der Übertragung von Schlechtigkeiten. Nach der Ansicht radikalkonstruktivistischer Fundamentalisten soll sich das beim gegenwärtig vollziehenden Medienwechsel ändern. Der Fernseher war ein Schrein des Bösen, die multimediale settop-box jedoch führt uns in eine ungleich bessere Welt. Das intelligente Fernsehen der Zukunft wird einen Regler für selbstbestimmte emotionale Ballance besitzen. Die Endbenutzer werden an den "Stimmungskonsolen" zu Affekt-Jockeys die den Pegel zwischen Banal und Erhaben, Gesund und Pervers, Innen und Außen, Wellen und Partikelströmen, Titanischem und Zwergenhaftem eigenverantwortlich zusammenmixen können. Pay per View, surfwatch, Kindersicherung und Wahlberechtigungsnachweis gehören zur Standardausstattung des kommenden positiven Fernsehens. Die Bedingung für einen gewissenlosen Kapitalismus der reinen Ströme liegt in einer Logik der Sicherheit. "Unser Netz soll sauber werden".
Von der Turingmaschine zur Tugendmaschine entwickelte sich der digitale Code zur idealen Grundlage guter Nachrichten. In den elektronischen Netzen soll der analoge Schmutz verschwinden. Perversitäten und Fleischeslust sollen außerhalb der Codierbarkeit verlegt werden. Der Wert einer Nachricht müsse endlich durch die Reinheit der frommen Begierde bemessen werden damit der calvinistische Drang zum Reichtum sich ganz entfalten kann. "Anti- christen müssen draußen bleiben".
Die Umwertung aller Netzebenen (Waren, Energie, Wissen, Begierden) zielt auf die absulute Spiritualität des Geldes. Alle anderen Informationen und Resourcen sind in durch Geldwert referierbare Redundanzen umzuwandeln. Alles in Tauschwerten unkodierbare wird aus dem Netz ausgeschlossen, während innerhalb des Systems durch Copyrightkriege, Standardisierungen und Sicherheitsprotokolle die romantische Idee der Freiheit und Gleichheit aller Information bei Seite geschoben wird, um im Museum für Netzgeschichte zu verschwinden.
The Desire to be wired ist der heimliche Motor der Informationsgesellschaft. Der Wille zum Anschluß hat neben der soziologischen, psychologischen und systemtheoretischen auch eine neurologische Komponente. Elektronische Nervosität basiert auf einer Kopplung von Libido und Elektrik und hat aus heutiger Sicht nichts Ungesundes, solange immer weiterproduziert wird. Nicht länger Verdrängung sondern Archivierung aller Erfahrungen erhöht die Taktgeschwindigkeit der Nerven und hält den Kreislauf der Kapitalströme auf Trab. Reinheit, Sicherheit, Geborgenheit und Intimität sind die Grundtugenden des digitalen Biedermeier. Die Familie wird über die Telearbeitsplätze zur Produktionsstätte von sauberer Information und filtert und zähmt die Quellen des elektrifizierten Sturm und Drangs. Aus der Urquelle elektronischer Nervosität wird die universelle Turingmaschine zur Produktion von Ordnung angetrieben. Ganz am Ende der verschalteten Black Boxes steht die Ideologie der digitalen Kreativität, welche für die Kombinatorik der Verhaltensweisen im Netz und Ästhetiken der Navigation verantwortlich ist.
Das Negative wird als Urkraft der ganzen Nachrichtenindustrie gesehen. Eine Verschwörung postmarxistischer Miesmacher hält den gesamten Bereich des Informationsgeschäfts im Griff. Spätestens seit dem Zusammenbruch des Sowietreiches sei ihr Kampf zu einem notorischem Genörgel verkommen, das von der fernsehenden Gesellschaft instinktiv durch die Flucht in allgemeine Datenschwemme abgemildert werde. Nur die Rückbesinnung und die Reaktualisierung radikaler Posititäten könne das Umkippen der Wirklichkeit in die haltlose Dekadenz der 5000 Channels aufhalten. Unter der Flagge des "virtuellen Amerika" dient der Cyberwesten als eine transzendente Fluchtpunkt positiver Energien, um das Böse in die Randbereiche des Analogen verschwinden zu lassen. Der fröhliche Technovitalismus geht davon aus, daß in der Vernetzung ein Lebensprinzip verborgen sei, das nur durch ausgiebige Kommerzialisierung zur Entfaltung gebracht werden könne um dem Übermensch ein Zuhause zu geben.
Die Menschheit als Mittelklasse hat eigentlich nur Gutes im Sinn, sobald aber über sie berichtet wird, stellt sich automatisch das Böse in den Vordergrund. Kriege, Krisen, und Katastrophen sind Medieneffekte. Wenn das technisierte Simulakrum wirklich die Welt beherrscht, sollte es möglich sein, durch die Umlegung eines Schalters die Dinge zum Guten zu wenden. Wie bei der Atombombe im Ursprungsmythos des Netzes wird alles Schlechte als Abkömmlung eines größmöglichen außerdigitalen Bugs aufgefaßt, um den herum sich automatisch die heile Welt des Netzes herumleitet. "You 're in trouble? We'll rout around it."
Die Versessenheit auf Positivität in der heutigen Xyberkultur geht aus von der Existenz einer reinen Quelle des Medialen. Nicht länger Kommunikation, sondern die Umittelbarkeit der Rückkopplung liefert totale Präsenz, wobei alle Ebenen des Sinnlichen durch verschiedene Multimedia-Bioadapter ersetzbar werden. In der black box des Sender-Empfänger Modells verbirgt sich Enttäuschung, Betrug, Passivität und ständige Entmutigung. Alle Widersprüche, Paradoxien und Dialektiken werden im Archiv neutralisiert. Hinter allem Nichtlinearen waltet das Prinzip des Survival of the Smartest welches schließlich den Erfolg der Schlauen Technologien mit einem automatisierten Lebensprinzip begründet. Die nächste Stufe der Evolution verheißt eine Vereinigung von Natur und Technik durch die Methoden von künstlichem Leben, Chaosforschung, intelligenten Implantanten und ökologischen Gesellschaftsmodellen. Die Machbarkeit des Guten soll sich schon heutzutage in Biochips, groupware und techno culture materialisieren. Die Lesbarkeit der digitalen Welt wird durch den pragmatischen Ansatz sicherer User-Interfaces, intelligenter fuzzy logic und genetischen Algorithmen immer schwieriger gemacht.
Konstruktive Kritik ist das Produkt eines positiven Feedback mit den eigenen Verhältnissen. In den comp.sys newsgruppen wird viel über die Verbesserung der eigenen Werkzeuge diskutiert. Negative Kritik wird zur schwer absetzbaren Ware in einer Umgebung neutralisierter kultureller Widerstände und einem ständigem Updating. Nihilismus gilt als europäische Erkrankung der durch festen Glauben entgegengetreten werden kann. Der kybernetische Kritizismus ist mit Vorliebe mit sich selbst beschäftigt, und produziert eine Ästhetik interesseloser Nutzlosigkeit. Der Ausweg in die ständige Wiederholung der kleinen Begierden führt in seiner Anwendung zu Cybersex am Arbeitsplatz, E-mail-Intrigen, einer ganzen Strategie der Verlangsamung und angenehmen Lethargie im Angesicht des Großkapitals.
Kritik als Trendforschung hat jedoch Konjunktur in den Glasbetonbunkern sinnsuchernder Zukunftsunternehmer. Solange konstruktive Kritik visionär die jeweils nächsten Zustände vorwegnimmt ist man durchaus bereit, für die Bifurkationen der Querdenker hohe Summen zu investieren. Das Paradigma der Anwendungsorientierung eröffnete den Akademien den Zugang in die Vorstandsetagen. Cultural Studies of the Net gehört zum Pflichtprogramm bei der Entwicklung von Internet Shopping Malls. Jugendkultur wird ununterscheidbar zu corporate culture, solange sich ihr Einzugsbereich weit in die unterentwickelten Zonen ausdehnen kann. Es gehört zum guten Ton des skeptischen Hedonismus auf die Kreativität der Subkulturen zu vertrauen. Der Mehrwert an Präsenz den die Tribes der Queer Communities, Black Culture und anderweitig Peripheren verheissen, wird durch wohlwollende Aneignung in extra Sendungen und Spartenprogrammen honoriert.
Die Kritik der Netze kann sich nicht auf das Testen von Performance und Effizienz und Preisleistungsverhältnis beschränken, sondern beschreibt die Netze als Machtapperate. Die konspirative Vernetzung der durch den Anschluß hergestellten Einschlüsse und Ausschlüsse stellen sicher, daß es keine andauernden herrschaftsfreien Zonen geben wird. Netzkritik unterscheidet sich von Textkritik durch eine hedonistische Qualität bei der Bejahung sozialer Praxis und dem Vertrauen in die Macht der Disfunktionalität. "Critisism will take you beyond the borders of boredom." Im Theater der Machteffekte gibt es immer einen Platz von der aus sich das Spektakel der Vernetzung in Ruhe genießen läßt. Das Netz ist nicht das Leben. Seine Kritik speist sich nicht aus der Tradition der Priester und Technokraten sondern der der Häretiker und Techniker mit ihrem profunden Wissen um die Beschränktheit technischer Kommunikation, welche immer eine systembedingt undichte Stelle in der heilen Virtualität findet. "Die Netze sind hinter uns her, aber wir sind schneller!"
3. The unbearable lightness of being digital
Es gibt eine objektive Analyse des Netzes. Arthur Krokers virtual class zeigt jetzt schon ihr brutales Gesicht. I think elites basically drive civilization (Steward Brand, Netzguru). Wir fertigen eine Karte der politischen Ökonomie der Medienverbünde an, worauf die Machtverhältnisse bestehender und geplanter Joint Ventures, Übernahmen und Fusionen zwischen Telcom, Film, Fernsehen, Kabel, Software und Hardwareindustrie eingezeichnet sind. Es läßt sich eine historische Paralelle mit der Elektrifizierung zur Jahrhundertwende ziehen. Auf den kommenden Weltausstellungen präsentieren sich die networks of power der Medienindustrie (Thomas P. Hughes wiederlesen). Multinationale Konzerne übernehmen die Funktionen staatlicher Institutionen und etablieren eine Gesellschaft der Kontrolle und permanenten Fortbildung (Deleuze). Die Ideologiekritik hat es heute wieder einfach: "One billion people on the internet by the year 2000" (N. Negroponte). Die Omnipotenzphantasien der kindischen Visionäre californischer Ausprägung verbreiten ironischerweise widerstandslos über alte Medien. Die Auflösung aller sozialstaatlichen Institutionen ist ihr Programm. "Oppressive 20th century institutions - public schools, the mass media, government - will crumble" (Kevin Kelly)
Die Dialektik der Nomadologie wendet sich im Namen des Kapitals gegen alles was sich der Verflüssigung entgegenstellt (Mille Plateaux umschreiben?). Der klassische Arbeiter der Materialwirtschaft wird einem Regime der Echtzeit unterworfen. Amerikas Herrschaft wird für die Digerati nicht mehr durch militärische Interventionen sondern durch Kolonialisierung mittels Kommunikationsstandards gesichert. Die selbsternannten Illuminaten der Wired World glauben sie wären "the most powerful people on the planet today". Für sie ist Internet eine religiöse Erfahrung und "the key to the new american soul". Die Propheten des cyberspace age sehen ein virtuelles Amerika hinter dem Horizont der "electonic frontier" emportauchen. Die Matrix, das gelobte Land der neuen Pilgerväter, wächst mit jedem Anschluß weiterer Gigabytes und wird durch ewiges virtual light beleuchtet. Alteuropäische Esoterik, Hippiebewegung und östliche Mystik liefern das Spielmaterial für die Slogonomics der Tele-evangelisten und Unternehmensberater.
Die Netzkritik macht den Abgrund hinter den farbenprächtigen Oberflächen von World White Web sichtbar. Daneben gibt es jedoch auch eine Analyse der Subjektivitäten. Politische Ökonomie und Ideologiekritik reichen nicht mehr aus wenn die Übersetzung in soziale Praxis mißlingt. Die kollektiven Äßerungsgefüge von usenet, mailinglists, e-zines und bbs tendieren zu autoreferentieller Selbstgenügsamkeit. Es gilt die Grauzone der lurkers, slackers, cruisers zu erkunden. Gerade diese Gruppe hat das Internet auf das Niveau der Massenmedien gebracht und dafür gesorgt, daß die Hackerethik ins Schwanken geriet und zu Stoff für Hollywood wurde. Die Umsetzung der Idee der virtual community blieb durch zuviel Transparenz und zu schnelles Wachstum eine vielbeachtete Ausnahmeerscheinung. Als Lockmittel für den Anschluß von "the rest of us" diente Virtual-Sex, Gratissoftware und.die Metapher der Autobahn als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für eine arbeitslose future generation. Der Wissenschaftsbetrieb und das Militärwesen verblieb vorwiegend auf den entwicklungsgeschichtlich älteren ftp- und gophersites oder zog sich in sichere Teilnetze zurück. Heute ist jeder Webmaster, aber nur die wenigsten machen von den Möglichkeiten der Distribution mehr Gebrauch, als zur Zurschaustellung ihrer Individualität in aufwendig gestalteten Home-pages. Der digitale Narzismus hat wie vorrausgesagt eine weitere Ausdehnungszone der Intimität geschaffen, in der sich der Medienbenutzer in Rückkopplung mit seinen Wünschströmen aufs vielfältigste narkosieren und verlieren kann.
Mit der Massenverbreitung des Netzes kommt die Frage nach seiner Notwendigkeit auf. Es ist nicht die unbedingte Aufgabe der Kritik autonome Nutzungsweisen zu propagieren, aber sie kann auf den trägen Widerstand des undramatischen Alltagstrotts vertrauen, bei der Internet nicht mehr als Geheimtip für die Info-Elite gilt, sondern sich einreiht in die Grundversorgungsdienste von Wasser, Gas, Strom und Telefon mit ihren selben Pannen und Privilegien. Es macht nichts den Anschluß zu verpassen, denn es gibt immer andere Wege seine Zeit zu verschwenden. Es geht nicht darum eine exclusive Standleitung in Richtung schmutzige Realität zu legen, sondern den real existierenden Datenschrott zu genießen und wiederzuverwerten. The aesthetics of uselesness betrachtet das Leben nicht als Kompensation für das Online-Sein, sondern spielt mit zweckfreien hybriden Schaltungen zwischen alten und neuen Maschinen und ihrer Erzeugnisse.