interfiction
Version
09-07-96
Date: Wed, 13 Mar 1996 14:51:36 +0100
To: Armin Medosch
From: hameyer@hrz.uni-kassel.de (Herbert A Meyer)
Subject: interfiction ::-) Schlaglichter fuer Netzkultivierte
Cc: if@duplox.wz-berlin.de
hallo,
dieses ist mein Vorschlag fuer eine Veroeffentlichung in
>Telepolis - Das Magazin der Netzkultur
>URL (denaechst): www.ix.de/tp
viele gruesse, herbert
--
Schlaglichter fuer Netzkultivierte ::-) interfiction
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'interfiction' (URL_1) ist eine eigenstaendige Sektion im
Rahmen des alljaehrlich stattfindenen Kasseler
Dokumentarfilm- und Videofestes (URL_2). Zur Debatte stehen
hier nicht mehr einzelne Medien, sondern die Integration der
Medien durch die Universalmaschine Computer (Turingsche
Galaxis; URL_3, URL_4).
'fiction' ist Erdachtes, Erfundenes, das so nicht in der
tatsaechlichen Wirklichkeit existiert. Keineswegs eine
Fiktion sind die rasch umsichgreifenden und in naher Zukunft
wohl allgegenwaertigen Datennetze. Im Gegensatz zu vielen
anderen einschlaegigen Veranstaltungen (URL_5) soll
'interfiction' dem Hype zum Thema Internet und Multimedia
nicht weiterhin Vorschub leisten, sondern eine kritische
Auseinandersetzung mit der digitalelektronischen Vernetzung
foerdern. Vernetzung ist eine alte Sache. Veraendert hat sich
allerdings, dass die ehedem kleinen Computernetze auf einmal
ein grosses Publikum ansprechen und unter kommerziellen
Gesichtspunkten interessant werden. Der Entwicklungsprozess
wird von Tag zu Tag schneller. Alles wird anders werden, aber
nichts wird sich aendern (URL_6).
Im Dezember 1995 wurde 'interfiction' erstmalig
durchgefuehrt. Als Rueckbesinnung darauf, die Netze als
historisch gewachsen zu begreifen, wurde als leitende
Fragestellung 'Perspektiven und Mythen von
Gegenoeffentlichkeit in Datennetzen' gewaehlt. Die
Anziehungskraft dieses Themas ermoeglichte das
Zusammenkommen von Protagonisten unterschiedlicher inner-
und ausserakademischer Szenen (URL_7). In einer zweitaegigen
Fachtagung, die von Vortraegen umrahmt wurde (Sabine
Helmers, Geert Lovink, Klaus Schoenberger, Kathy Rae
Huffmann, URL_8), sassen ca. 40 Personen in einer
seminaraehnlichen Veranstaltung an einem Tisch. Neben dem
Austausch zum Stand der Dinge in den einzelnen Projekten
wurde sondiert, ob es ueber den gemeinsamen Nenner einer
nichtkommerziellen Nutzung der Datennetze hinausgehend
Gemeinsamkeiten gibt, die taktisch einzusetzen sind.
Schlaglichter.
Gegenoeffentlichkeit ist ein ein Begriff, um den sich
Mythen ranken. 'Ein totes Pferd, auf das man besser nicht
mehr einpruegelt' ;-). Das 'gegen' hat ausgespielt, es geht
heute darum, 'Oeffentlichkeit' in einem eigenstaendigen
Diskurs zu definieren. Der Rueckgriff auf den Mythos
Gegenoeffentlichkeit im Kontext Datennetze verweist jedoch
auf einen wichtigen Sachverhalt: Das Verschwinden und
Wiedererscheinen der Netze. Datennetze sind historisch
gewachsen, es gibt keine Stunde Null, keine neue Zeit.
Elektronisch vermittelte Kommunikation ist in
vielerlei Hinsicht abhaengig von sozialer Vernetzung.
Kollektive Ausbrueche lassen sich schnell organisieren,
jedoch nur, wenn sie an soziale Praxis gebunden sind. Und:
was nuetzt eine Festplatte voll mit guten Texten, wenn diese
nicht an ein Aussen gekoppelt sind, fragte Pit Schultz
(URL_9).
'Wir wollen ja Versager sein, wir sind ja immer
dagegen'. Dieser Zwischenruf von padeluun brachte so einiges
ans Tagelicht (URL_10). Auf die angesprochene Lust am
Scheitern bezog sich Volker Grassmuck, als er meinte, dass
wir uns selbst zum Trotz ausnahmsweise mal eine ganz gute
Chance haetten zu gewinnen. Und zwar die egalitaeren
Kommunikationsstrukturen, die nahezu unbeabsichtigt
entstanden sind. Nicht mehr ginge es darum, etwas zu
schaffen, sondern etwas zu verteidigen: den vielbeschworenen
Internet-Geist. Netz-Geist, wurde von padeluun berichtigt.
Dieser forderte spaeter dann die offizielle Anerkennung der
Datennetze als fuenfte Macht. Gefragt, wer denn die anderen
vier Maechte seien, gab es die trockene Aufklaerung:
Legislative, Exekutive, Judikative und die herkoemmlichen
Medien.
Es gibt keine Netz-Kinder und Internet-Opas, sondern,
wenn ueberhaupt, Internet-Kinder und Netz-Opas. Die Kluft
zwischen der entwicklungsgeschichtlich aelteren Schicht
der Datennetze (ASCII-Universum) und dem World White Web
(WWW) wurde bestaetigt, angezweifelt, und zuguterletzt
wiederum bestaetigt. Am ersten Tag dominierten sowohl
zahlenmaessig als auch von der Anzahl der Redebeitraege
die Vertreter der WWW-Projekte (Es gab sogar ein
demonstratives Verlassen des Raumes, warum auch immer ;-]).
Den laengeren Atem hatten allerdings die Vertreter der
Netzprojekte, die in aller Regel mit dem Store-and-Forward-
Prinzip arbeiten. Sie gestalteten mehr oder weniger die
Diskussion am zweiten Tag ueber ethische Prinzipien
innerhalb von Datennetzen (URL_11). Allerdings, nach dem
offiziellen Teil gab es auch bedeutsame Annaeherungen
zwischen der WWW- und ASCII-Szene, aus denen moeglicherweise
taktische Koalitionen entspringen.
Es gibt noch mehr zu lesen ueber 'interfiction':
Feindbild Telekom: Zur 'Interfiction' in Kassel trafen sich
Internet-Nutzer, um ueber Online-Piraterie und die
Moeglichkeit eigener 'Netzgesetze' zu diskutieren (TAZ,
URL_12), Interfiction. Fragen nach Oeffentlichkeit (Texte
zur Kunst, URL_13), Interfiction - Perspektiven und Mythen
von Gegenoeffentlichkeit in Datennetzen und (ZKP, URL_14).
Davon ab. Es wird ein zweites interfiction geben.
Wieder im Niemandsland zwischen Euphorie und Verweigerung.
Da wo Vorstellungen miteinander er- und gefunden werden.
Herbert A Meyer
12Mar96
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->URL_1
http://www.uni-kassel.de/interfiction/
->URL_2
http://www.uni-kassel.de/interfiction/dokfest/
->URL_3
http://www.hrz.uni-kassel.de/wz2/mtg/coy.htm
->URL_4
http://www.uni-kassel.de/fb3/psych../sim/hyper/dox/tg.html
->URL_5
http://www.ks.magicvillage.de/Millenium_HTML/millhp.html
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http://www.uni-kassel.de/interfiction/projekte/pro_text.htm
->URL_8
http://www.dds.nl/~n5m/texts/huffmann.htm
->URL_9
http://www.uni-kassel.de/interfiction/nettime
->URL_10
http://www.zerberus.de/~padeluun/
->URL_11
http://www.icf.de/vgrass/afa.html
->URL_12
http://www.uni-kassel.de/interfiction/texte/taz.txt
->URL_13
http://www.uni-kassel.de/interfiction/texte/kube.txt
->URL_14
http://www.desk.nl:80/~nettime/zkp/interfic.txt
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interfiction - Kassel
Konzept und Koordination
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