interfiction
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09-07-96
From: pit@uropax.contrib.de (Pit Schultz)
Subject: FIFF-PE zum Telekomminikationsgesetz-Entwurf (fwd)
To: if@duplox.wz-berlin.de
Date: Sun, 3 Mar 1996 23:49:33 +0100 (MET)
P r e s s e e r k l a e r u n g d e s F I f F e . V . z u m
Entwurf eines Telekommunikationsgesetzes (TKG)
Bundestagsdrucksache 13/3609 vom 30.01.1996
Bonn, 02. Maerz 1996
G e g e n U e b e r w a c h u n g s s t a a t u n d
Z w e i - K l a s s e n - I n f o r m a t i o n s g e s e l l s c h a f t
Zu dem vom Bundeskabinett beschlossenen Entwurf des Telekommunikations-
gesetzes (TKG-E), der als Gesetzesentwurf der Fraktionen der CDU/CSU, SPD
und F.D.P. in den Deutschen Bundestag eingebracht wurde, um das Gesetzge-
bungsverfahren zu beschleunigen, erkl¢ren die FIfF-Vorstansdmitglieder
Ingo Ruhmann und Werner Moritz:
Es ist zwar begruessenswert, dass "die Wahrung der Interessen der Nutzer auf
dem Gebiet der Telekommunikation und des Funkwesens sowie die Wahrung des
Fernmeldegehimnises" (TKG-E 2 Abs. 2 Nr. 1) als erstes von fuenf Zielen
der Regulierung der Telekommunikation genannt wird. Bedauerlicherweise
wird der Entwurf diesem Anspruch aber nicht gerecht.
Chance zur sozialen Gestaltung der Informationsgesellschaft versaeumt
Durch die vorgesehene kostenlose Erteilung von Wegerechten fuer die
Verlegung von Telekommunikationsnetzen wird den Gemeinden die Moeglichkeit
genommen, als Ausgleich fuer die Ueberlassung der Wegerechte den kosten-
freien oder kostenguenstigen Anschluss von oeffentlichen Einrichtungen wie
z.B. Schulen und Stadtbibliotheken an das jeweilige Netz zu fordern. So
kann es zu der Situation kommen, da± eine Gemeinde einem TK-Dienstleister
das Wegerecht ueberlassen muss, damit dieser seine gewinntraechtigen TK-Netze
verlegen kann, die Gemeinde es sich aber selbst nicht leisten kann, ihre
Schulen oder Buecherereien an dieses Netz anzuschliessen um einen oeffent-
lichen Zugang zu diesem Netz zu ermoeglichen.
Die Regelungen zu den sogenannten "Universaldienstleistungen", die eine
Grundversorgung der Oeffentlichkeit mit Telekommunikationsdienstleistungen
zu einem "erschwinglichen Preis" sicherstellen sollen, sind voellig
unzureichend. Beim derzeitgen Stand der Technik bislang nur den Sprach-
telefondienst als Universaldienst festzulegen kann dazu fuehren, dass
Datendienste, ISDN und insbesondere eine breitbandiger Anschluss an die
Infobahn fuer die BewohnerInnen abgelegener Gegenden unerschwinglich wird.
Ein gleichberechtigter Informationszugang, der angesichts der Digitali-
sierung der "Informationsgesellschaft" immer mehr zur Grundvoraussetzung
wird, waere dann nicht mehr gegeben. Die Kluft zwischen Arm und Reich wuerde
auch zu einer Kluft zwichen "information rich" und "information poor"
fuehren.
Datenschutz nicht ausreichend - umfassende åberwachungsmêglichkeiten
Bedenklich beim Entwurf des TKG ist, da± die datenschutzrechtlichen
Regelungen nicht in das Gesetz selbst aufgenommen worden sind, sondern
dort nur ein Rahmen fðr eine Verordnung vorgegeben ist. Regelungen ueber
die Verarbeitung personenbezogener Daten bedingen immer einen Eigriff in
das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, der einer klaren
gesetzlichen Grundlage bedarf.
Nach dem Vorliegenden Entwurf sollen die Regelungen fuer die Eingriffe der
Ermittlungsbehoerden und Geheimdienste in das Fernmeldegeheimnis fuer alle
Telekomunikationsanlagen, die auf Dauer betreiben werden, gelten.
Hierunter fallen neben kommerziellen AnbieterInnen wie den Mobilfunk-
netzbetreiberInnen auch die meisten Hobbymailboxen mit ihrem electronic-
mail-Austausch. Die Aufnahme des Betriebs einer Telekommunikationsanlage
und damit auch einer Mailbox ist erst dann zulaessig, wenn die technische
Gestaltung der geforderten technischen Ueberwachungsma±nahmen von der
Regulierungsbehoerde genehmigt wurden, die entsprechenden Einrichtungen
eingerichtet wurden und dies der Regulierungsbehoerde angezeigt wurde.
Hierdurch ist neben der Moeglichkeit der drastischen quantitativen
Steigerung der Ueberwachungsma±nahmen der Hebel zur Reglementierung
alternativer Netze gegeben.
Mit dem TKG-Entwurf wird der Einzelverbindungsnachweis mit der
vollstaendigen Zielrufnummer ermoeglicht. Hierdurch wird in das
informationelle Selbstbestimmungsrecht der angerufenen TeilnehmerInnen
eingegriffen, die hier - im Gegensatz zu den Niederlanden - keine
Entscheidungsmoeglichkeit darauf haben, ob ihre vollstaendige Rufnummer auf
Einzelverbindungsnachweisen erscheinen soll oder nicht.
Mit dem erst im letztem Entwurf eingefuehrten Paragraphen zu "Auskunfts-
ersuchen der Sicherheitsbehoerden" wird ein virtuelles bundesweites Telefon-
verzeichnis geschaffen, auf das die Geheimdienste und Ermittlungsbehêrden
zur "Erfuellung ihrer gesetzlichen Aufgaben" unbegrenzt ueber die Regu-
lierungsbehoerde zugreifen koennen.
Moeglichkeiten der datenschutzgerechten Ausgestaltung von Telekommuni-
kationsdiensten wurden im TKG-E nicht beruecksichtigt. So fehlt z.B. die
von den Datenschutzbeauftragten angeregte Moeglichkeit, die Dienstleistungs-
anbieterInnen zum Angebot von anonymen Zahlungssystemen (wie z.B. die
jetztige vorausbezahlte Telefonkarte) zu verpflichten.
Fuer Rueckfragen stehen
Werner Moritz (0471/9413140 - privat; 0471/9246124 - dienstl.) und
Ingo Ruhmann (0228/16-81547) zur Verfðgung.
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