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Konfigurationen. Zwischen
Kunst und Medien
Kassel 4. - 7. September 1997

Georg Christoph Tholen (Kassel):
Einleitung: Zur Interferenz der Medien

Donnerstag, 4. September 1997 13.30 Uhr - Bali-Kinos, Kulturbahnhof
Was in Medien erscheint, sind andere Medien. Mit dem Computer und der global-elektronischen Welt gewinnt diese populär gewordene Diagnose McLuhans an Plausibilität. Die im Vergleich zu vormaligen Medien gesteigerte Zweckoffenheit des Computers als universellem Medium verändert unser Verständnis des Technischen: Wir fragen nun nicht mehr nur nach dem instrumentellen Fortschritt und sinnvollem Gebrauch von Werkzeugen, Apparaten und Maschinen. In den Fokus der Aufmerksamkeit rückt vielmehr die durch Medien gegebene Prägung und Veränderung gesellschaftlicher, kultureller und ästhetischer Formen und Strukturen der Kommunikation. Die desillusionierende Einsicht, daß es keine unmittelbare, natürliche Wahrnehmung gibt, sondern eine stets schon medial konfigurierte und eingerahmte, entwickelte Walter Benjamin am Übergang von der Photographie zum Film. Doch die kulturkritisch registrierten Schock-Sequenzen, die stets mit den Sprüngen und Übergängen in der Medienevolution einhergingen, verlieren zunehmend ihre vertrauten Orientierungsmuster: Weder melancholische Verlustklagen noch werbewirksame Technikeuphorie helfen uns, die Ursachen und Folgen der digitalen Technologie hinreichend zu begreifen. Das »richtige« Maß der Medien und ihrer Verwendung scheint unentscheidbarer geworden zu sein, wenn mit dem digitalen Prinzip der Reproduzierbarkeit, Repräsentierbarkeit und Simulierbarkeit von Medien der virtuelle Zwischenraum medialer Verwendungen selber Thema wird. Doch von dieser seltsamen Disponibilität des Medialen ausgehend, lassen sich genauer die historischen Grenzen und (ungleichzeitigen) Verschiebungen medienspezifischer Formen des Wissens, der Erfahrung und der künstlerischen Gestaltung verorten. In historischer wie systematischer Perspektive zeigen sich so Interferenzen, also Überlagerungserscheinungen von Medien und Diskursen über Medien. Solche – um im Bild zu bleiben – Phasendifferenzen und Störfelder im Umgang mit den Medien markieren blinde Flecke in der Medientheorie und -geschichte, aber auch in der Mediengestaltung und Medienkunst. Wie begegnen sich alte und neue Medien? Was ist der Fragehorizont einer Kultur- und Kunstwissenschaft, die den ästhetischen, kulturellen und politischen Spielraum und Bedeutungswandel multimedialer Formen der Darstellung und Kommunikation nach- und aufzuzeichnen sich bemüht?

Vortrag in deutscher Sprache
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