Volker Grassmuck (Berlin):
Der Schlüssel zum Markt ist ein öffentlicher
Abstract »Dunraven dachte, die Lösung des
Geheimnisses reiche nie an das Geheimnis heran. Das Geheimnis hat teil
am Übernatürlichen, ja am Göttlichen; die Lösung ist
Taschenspielerei.« (Borges) Die grundsätzlich
offene Struktur des Netzes kennt kein Geheimnis. Frei flottierende
Signale, das erkannte schon Marconi, müssen, damit nur Autorisierte
sie lesen können, Unlesbarkeit in ihrer Kodierung implementieren.
Also Kryptografie. Also Waffentechnologie, wie das amerikanische
Ausfuhrverbot deutlich macht. Doch scheint das mediale Innovationsprimat
seit geraumer Zeit von den Militärs an den Markt übergangen zu
sein, oder geopolitisch: von den USA an Japan. Die
non-disclosure Zwänge der Handelskriege und der Bedarf nach einem
Geldäquivalent, also nach digitalen Singularitäten (eigentlich
eine Contradictio in adjecto), machen Verschlüsselung zum
Schlüssel für die Erschließung der bisherigen Oase des
Gabentauschs. In deutlicher Zurückweisung der geheimdienstlich
amerikanischen Versuche, die Welt auf key escrow einzuschwören,
setzen die jüngsten OECD-Richtlinien auf eine
marktwirtschaftliche Lösung der Kryptofrage. Auch die
Möglichkeit der Anonymität von Transaktionen, wie bspw.
Ecash sie implementiert, wird anerkannt. Ob mit oder – nach
dem sich abzeichnenden Stimmungsbild – wahrscheinlich ohne polizeilichen
und geheimdienstlichen Zugriff auf die Schlüssel: Kryptotechniken
für das Bestellen, Bezahlen und Ausliefern von informationeller
Ware stehen unmittelbar bevor, und damit eine Balkanisierung – oder
treffender: Microsoftisierung – des bislang nahtlosen Netzes in
gebührenpflichtige Zonen. »Das Rasende der Technik«
führt, wie ein Großmeister der Philosophie lang vor jeglichem
Online-Shopping wußte, auf »das Rasende des Bestellens«.
Doch das ist nur Taschenspielerei. Es bleibt der Trost: »Verborgen
aber ist und immer sich verbergend das Befreiende, das
Geheimnis«
Vortrag in deutscher Sprache
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