"Unser Ziel ist es, bis zum Dezember 2001 eine Trillion elektronische Texte verteilt zu haben - d.h. 10.000 Titel an hundert Millionen Leser. Elektronische Texte, die sowohl von Menschen, als auch von Maschinen gelesen werden können."[27]Der Gebrauch einer solchen ungeheuren Textmasse in 'reinem' ASCII-Format (d.h. ohne jegliche typographische Auszeichnungen - fette Überschriten, kursive Zitate - oder hypertextuelle Verweisstrukturen wie Inhaltsverzeichnisse, Register, Schlagworte) scheint allerdings begrenzt - diese Art von 'flachen Texten' eignen sich höchstens als Recherche-Material, das mit Volltextsuche nach bestimmten 'Stellen' durchforstet wird, die dann zu einem gezielt ausgewähltem Zitatenschatz- Depot [28] ausgebaut werden können.
2. Das bewegte Icon in dem Netzwerk-
Browser Mosaic (siehe Anmerkung 14) ist ein Indikator dafür,
daß die Online-Verbindung aufgebaut ist und
Daten übertragen werden. Der Benutzer hat in
diesen Momenten - die je nach
Leitungskapazität und übertragener
Datenmenge einige Minuten bis zu einigen Stunden
dauern können - endlich wieder Zeit, etwas
anderes zu tun (zu Lesen, oder im Hintergrund Texte
zu editieren etc.). (Doch diese kleine Animation
ist fast schon wieder Nostalgie - so zeigt etwa
Netscape 1.1 vollends einen Blick von außen
auf den Planeten Erde: die Informationen
stürzen als Sternschnuppen auf die
dämmrige Welt. Weh dem,der Metaphern
sieht!)
Ich will den Computer wieder ausschalten, da findet
sich in der Zwischenablage noch folgende Kopie aus
einer Netzwerksession in der Mediamatic-
online (eine Erklärung dieser
Steuerzeichen gibt die Anmerkung 13) Springen Sie bitte zum Text
zurück!
3. Agentur Bilwet (1995), Der
Datendandy. Über Medien, New Age und
Technokultur, Mannheim, S.208-211
4. Eine mögliche
Auszeichnungsmethode für Hyperlinks in
HTML (siehe Anmerkung 14)- die
rot markierten Absprungmarkierungen sind schon
einmal benutzt worden.
6. siehe Anmerkung 7,
39 und 49
7. Die aufkommenden technischen Medien
beflügelten die Literatur seit der
Jahrhunderwende und führten zu einer
Reflektion medialer Auflösungserscheinungen in
der Literatur (Futurismus, Noveau Roman, James
Joyce). "Das Wort Aufschreibesystem [...] kann auch
das Netzwerk von Techniken und Institutionen
bezeichnen, die einer gegebenen Kultur die
Entnahme, Speicherung und Verarbeitung relevanter
Daten erlauben. [...] Nun sind zwar alle
Bibliotheken Aufschreibesysteme, aber nicht alle
Aufschreibesysteme Bücher. [...]
Archäologien der Gegenwart müssen auch
Datenspeicherung, -übertragung und-berechnung
in technischen Medien zur Kenntnis nehmen."
Kittler, Friedrich (1987), Aufschreibesysteme
1800/1900, München, S.429
8. Die poetischen Operationen mit
denen Ezra Pound, Stephane Mallarmee, James Joyce
u.a. die Verwendung der Sprache revolutionieren,
sind genau dieselben, die die Pioniere einer
vernetzten Ideenproduktion in den sechziger Jahren
auf der neuen Wunschmaschine Computer
implementieren: assoziativer Zugriff auf Daten
unterschiedlichster Art, offene Texte, die an jeder
Stelle verändert, ergänzt und mit anderen
Textstellen (oder Bildern) verknüpft werden
können; jedes Wort wird zu einem Knoten von
Bedeutungen, zu einem möglichen Absprungort
für neue Konstellationen, Anspielungen und
Verweise ...
9. Michael Heim (Heim, Michael (1987),
Electric Language: A Philosophical Study of Word
processing, New Haven) beschreibt die komplexen
Stadien der 'konzeptuellen' und 'psychischen'
Netzwerke des word-processing als
Manipulation, Formalisierung und Verknüpfung.
Ein alphabetisches Manual dieses "on-screen-
thinking" findet sich in Idensen, Heiko/Krohn,
Matthias (1994), "Bild-Schirm-Denken. Manual
für hypermediale Diskurstechniken", in Norbert
Bolz/Friedrich Kittler/Christoph Tholen (Hg.),
Computer als Medium, München, S. 245-
266
10. Schreiben im Netzwerk hat nicht
im klassischen Sinne mit Literatur zu tun - als
System Autor-Werk-Bedeutung-Markt - sondern damit,
Neuland im telematischen Raum zu vermessen,
Textlandschaften anzulegen, Schreiben und Lesen als
einen nomadischen Akt des Umherschweifens durch
Text-Netzwerke zu begreifen. Die zusätzlichen
Dimensionen des hypertextuellen Zusammenschnitts
verschiedener Textpartikel, die durch permanentes
Up- und Downloading zwischen verschiedenen
Netzwerk-Knoten zirkulieren, setzen die geistige
Arbeit der Textproduktion als soziales Netzwerk
frei.
11. Zonen bezeichen nicht-
hierarchisierte Vernetzungen im Datenraum, mit
Ausstrahlungen in soziale Räume. Hakim Bey
sprocht von der 'temporären autonomen Zone':
"Im allgemeinen werden wir den Ausdruck
Spinnengewebe dann gebrauchen, wenn wir uns auf die
alternierende horizontale offene Struktur des
Infoaustausches, das nicht-hierarchische Netzwerk
beziehen und uns den Begriff Gegen-Netz für
die klandestine illegale aufrührerische
Nutzung des Spinnengewebes, einschließlich
Datenpiraterie und anderer Formen, im Netz selber
zu fischen, vorbehalten." Bey, Hakim (1994),
T.A.Z.. Die Temporäre Autonome Zone,
Berlin , übersetzt aus dem Amerikanischen von
Jürgen Schneider, Originaltitel (1991), T.A.Z.
The Temporary Autonomous Zone, Ontological Anarchy,
Poetic Terrorism, New York, S.121)
12. Intertextualität war in den
politisierten Literaturdebatten der siebziger Jahre
der entscheidende 'Kampf'-Begriff zur Aufhebung
bürgerlicher Autoren-Funktionen zugunsten
literarischer Netzwerk-Modelle. Diese Impulse
führten - neben einer explosionsartigen
Ausbreitung intertextueller Schreibweisen - auch
zum Paradigmenwechsel in der Literaturtheorie. Ein
ausuferndes 'Lexikon' intertextueller poetischer
Praktiken liefert Genette, Gerard (1993),
Palimpseste. Die Literatur auf zweiter
Stufe, Frankfurt/Main, übersetzt aus dem
Französischen von Wolfram Bayer und Dieter
Hornig, Originaltitel (1982), Palimpsestes. La
litterature au second degre, Paris.
13. Deshalb ist die oft vorgenommene
Analogisierung zwischen der klassichen
Fußnote und dem link in elektronischen
Texten auch nur bedingt tauglich. Der narrativen
Funktion von links kommt man aber doch auf
die Spur, wenn man extreme Gebrauchsweisen von
Fußnoten in literarischen oder theoretischen
Texten verfolgt: Fußnoten weisen über
die (auch physische) Abgeschlossenheit nicht
digitaler Texte hinaus. Sie ermöglichen ein
Schreiben über den Rand des jeweiligen
Diskurses. Als Absprungstellen für den Leser
fordern sie Interpretation, Kritik, eigene
Suchbewegungen heraus und bewirken einen
Perspektivewechsel, der das diskursive und
auktoriale Zentrum des Textes aufsprengt und
für Anschlußmöglichkeiten an andere
Texte und Diskurse sorgt. In dem Essay "Living On"
(Derrida, Jacques (1979), "Living On", in: Harold
Bloom (Hg.). Deconstruction and criticism,
New York, S.75-176) untersucht Derrida Grenzlinien
in Mairice Blanchots Texten und kommentiert den
Prozeß seiner Gedanken gleichzeitig, indem er
eine einzige Fußnote einsetzt, die unterhalb
des gesamten Textes parallel weiterläuft. Als
narrative Stilfigur findet sich die Fußnote
extensiv eingesetzt im 10. Kapitel von Finnegans
Wake (Joyce, James (1947), Finnegans
Wake, New York), in dem der Haupttext in der
Mitte (Textmaterialien einer Schulstunde) von
Marginalien an den seitlichen Rändern
(Bezugsstellen und Anmerkungen zweier Brüder
zum studierten Text) und Fußnoten (die
Beziehungen zwischen den Brüdern und der
Schwester herstellen) umrahmt wird. Der Leser wird
hier in einen Dialog zwischen verschiedenen Texten
und Lesarten verwickelt, der Akt des Lesens, das
Navigieren im Text wird konstitutiver Bestandteil
des Textkörpers. Weitere Beispiele finden sich
in dem Essay: (1983) "At the Margin of Discourse:
Footnotes in the Fictional Text". Leider ist in
keinen mir bekannten Textverarbeitungs-Programm die
Möglichkeit gegeben, in Fußnoten
wiederum Fußnoten einzufügen - und somit
eine Mehrfachverschachtelung zu erreichen, wie sie
etwa in Raymond Roussels Texten gegeben ist.
14. Gemeint sind hier vernetzte
elektronische Texte. Die zum Editieren nötigen
Hypertext-Programme wurden nach einer Vorlaufphase
in den sechziger Jahren dann in den achtziger
Jahren auch auf PCs verfügbar - eine
allgemeine Verbreitung wurde aber durch
unterschiedliche Dokumentstrukturen verhindert.
Erst in den neunziger Jahren bildete sich ein
universeller Hypertext-Standard heraus, der sich
wie ein Virus verbreitet: die Hypertext Markup
Language (HTML) - das 'natürliche'
Austauschformat elektronischer Texte im Word Wide
Web (WWW). Die offene Struktur, die einfache
Bedienung der grafischen Oberfläche und die
Tatsache, daß für alle
Rechnerplattformen Freeware-Browser und Editoren
verfügbar sind, führten dazu, daß
die althergebrachten Internet-Dienste (wie FTP,
Newsgroups) inzwischen auch größtenteils
in das WWW-Konzept integriert wurden. Das WWW ist
quasi zum Standard des online-Publishing
geworden und trägt mit zum derzeitigen Boom
des Internet bei. Seit der ersten Version des
grafischen Browsers Mosaic (Januar 1993)
wuchs die Zahl der Web-Sites von
fünfzig auf über
eintausendfünfhundert (Mitte 1994) -
mittlerweile sind schätzungsweise
vierzigtausend Web-Sites online. Täglich
werden die entsprechenden Browser von
mehreren tausend Usern von den entsprechenden ftp-
sites heruntergeladen (über zehn Millionen
allein für Mosaic). Der Netzwerk-Leser findet
im WWW gestaltete Textseiten vor, von denen aus er
durch einfaches Anklicken Navigieren kann. Durch
das offene Austauschformat ist jede weitere
Integration anderer Medien (Bild, Ton, MPEG-
komprimiertes Video ...) möglich, wenn auch
durch die langen Übertragungszeiten bisher nur
begrenzt praktikabel.
15. Das Mitschreiben und Abspeichern
der Lesewege durch das Netz ist eine wichtige
Aktivität der Informations-Filterung und
Speicherung innerhalb des rhizomatischen Labyrinths
im WWW. Das Navigieren im Netz ist zwar eine
oberflächliche Art des Lesens, des
Überfliegens von Informations-Landschaften,
die aber ihren eigenen Reiz hat. Daß diese
Suchbewegungen (analog zum Weiterverfolgen von
Referenzen und Spuren in gedruckten Texten)
durchaus eine kommunikavite (oder sogar
ästhetische) Funktion erfüllen, zeigt der
Erfahrungsbericht eines Journalisten (Wolf, Gary
(1994), "The (Second Phase of the) Revolution has
Begun", in WIRED, Oktober 1994. S.116-121
und S.150-154), der in einem Artikel über das
World Wide Web beschreibt, wie er bei einer (rein
technischen) Informationssuche im Netz durch eine
falsche Adressenangabe sein eigentliches Ziel
verfehlt und dann beim assoziativen Umherschweifen
im Umfeld der gesuchten WWW-Site zu einem
Hypermedia-Experiment mit Audio-Unterstützung
verführt wird, von dort zu einen "Poetry
Archive" usw. ... . (Wolf 1984:121) Im Unterschied
zu den auf den Horizont des einzelnen Lesers
beschränkten Leseerfahrungen der Buchkultur
ist der Austausch der Navigations-Erfahrungen im
Netz ein wichtiger Bestandteil der Netzwerk-Kultur.
Die Veröffentlichung von hotlists ist
eine Öffnung des eigenen Lese-Raumes, eine
konkrete Weitergabe von Quellen, Referenzen,
interessanten Stellen im Netz, die gleichzeitig das
Profil und die Bezugspunkte der jeweiligen WWW-
sites deutlich machen. Ein hervorragendes
Beispiel ist Meyers Hotlist:
"http://www.hrz.uni-
kassel.de/fb3/psych../sim/sub/hameyer/boma.html"
16. Ted Nelson prägte in seinen
visionären Entwürfen hypertextueller
Kommunikationslandschaften den utopischen Begriff
von elektronischer Literatur als "Dokuverse"
:"Literature is an ongoing system of
interconnecting documents."(Nelson, Theodor, Holm
(1981), Literary Machines, Swarthmore :2/9
ff.) und Bolz (Bolz, Norbert (1993), Am Ende der
Gutenberg-Galaxis, München, S.216 ff.):
"Der Abschied von den diskreten, privaten
Dokumenten der Gutenberg-Galaxis ist eben auch ein
Abschied von den Ordnungsmustern Hierarchie,
Kategorie und Sequenz. [...] Es gibt gar keine
Einzelgegenstände des Wissens [...] es sind
nur Knotenpunkte unzähliger Querverbindungen,
Gatter und Netze."
17. Viele Facetten des (virtuellen)
Homes beleuchtete die Konferenz "Doors of
Perception 2. @HOME" vom 4-6 November 1994 in
Amsterdam. Eine Dokumentation der Vorträge
findet sich im WWW unter:
http://mmwww.xs4all.nl/Doors/Doors.html
oder in der Mediamatic 8 '2/3.
18. Der Ursprung dieser
Verräumlichung von Daten findet sich in der
antiken Rhetorik, die als Gedächtniskunst
vielfache Verfahrensweisen und Methoden der
Verortung von Wissensbausteinen entwickelte. Die
immer wieder zitierte 'Home-Page' der Mnemotechnik
schildert als Ursprungsmythos drastisch die
katastrophische Zerstückelung von Körpern
einer ganzen Tischgesellschaft: der gewerbliche
Dichter Simonides von Keos (556-468 v.u.Z.)
rekonstruiert - als einziger Überlebender -
für die Nachkommen die Namen der zu Tode
gekommenen über die Sitzordnung bei Tische.
(siehe: Cicero, De Oratore II, 352-58, zit. n.
Cicero (1976), De oratore (Über den
Redner), Stuttgart, übersetzt von Harald
Merklin, S. 433 ff)
19. Eco 1977 beschreibt verschiedene
'Kunstwerke in Bewegung', die über das
Ansprechen von Möglichkeitsfeldern einen
aktiven Interpretations- und Rezeptionsprozes
herausfordern (Partituren serieller Musik,
informelle Malerei, Visuelle Poesie, Live-
Fernsehsendungen, Querschnittstechniken bei Joyce):
"Jedes Ereignis, jedes Wort steht in einer
möglichen Beziehung zu allen anderen, und es
hängt von der semantischen Entscheidung bei
einem Wort ab, wie alle übrigen zu verstehen
sind." (Eco, Umberto (1973), Das offene
Kunstwerk, Frankfurt/Main, Originaltitel
(1962), übersetzt aus dem Italienischen von
Günter Memmert, Opera aperta, Mailand,S. 39)
Die Kunstwerke werden als Mechanismen
aufgefaßt, derer man sich bedienen kann.
20. Joyce, James (1914),
Ulysses, Triest, Zürich, Paris,
Übers. (1975), Frankfurt/Main. In einer aus
Copyright-Gründen leider nie
veröffentlichten Arbeit hat Klaus Dufke das
dritte Kapitel des Ulysses wieder auf den
Stadtplan von Dublin zurückprojiziert, so
daß der Leser vom Plan aus in die
entsprechenden Textstellen springen kann (als Text,
teilweise animiert, und vorgelesen - in
verschiedenen Versionen und Übersetzungen)
sowie zu korrespondierenden Bildern - somit
können verschiede Erzähl- und
Assoziationsstränge verfolgt werden.
(Programmiert mit Hypercard, lauffähig auf
Macintosh, 8 MB - Informatinen über Klaus
Duffke Fax 040-2369297)
21. In Perec, Georges (1982), Das
Leben. Gebrauchsanweisung, Frankfurt/Main,
übersetzt aus dem Französischen von Eugen
Helml‚, Originaltitel (1978), Paris wird ein
weitverzweigter Roman auf die Zimmer eines
Mietshauses verteilt: 99 Kapitel (für alle
Zimmer des Hauses inklusive Kellerräume,
Treppenhaus, Eingangshalle, Hausmeisterloge), die
nach Prinzipien von Schachbrettzügen
durchquert werden. Aus den Strukturen des Text-
Hauses werden immer wieder konstitutive Elemente
für jedes Kapitel entwickelt, die die
Konstellationen der Personen, das Mobiliar,
biographische und geschichtliche Anspielungen,
Zitate und literarische Bezüge miteinander
vernetzen. Thematisch steht eine aberwitzige
Geschichte um einen Puzzle-Künstler im
Mittelpunkt der insgesamt wie ein Puzzle
ausgelegten Geschichten. Robert Coovers "Hypertext-
Hotel" (in dem verschiedene Hypertext-Experimente
der Brown University zusammenlaufen) arbeitet mit
derselben Benutzermetapher:
http://duke.cs.brown.edu:8888/
22. Bei dem gegenwärtigen
Internet-Hype brauchen die lokalen Mailboxen vor
Ort (Übersichten finden sich z.B.
regelmäßig in der ct) keinesfalls in
Vergessenheit zu geraten. Sie bieten einen Zugriff
auf vielfältige Dienste (email, News) -
teilweise finden sich hier auch aus dem Internet
'gefischte' Daten gut aufbereitet und gefiltert.
Auch WWW-Zugriffe sind in vielen Fällen
geplant. Wer noch keinen 'direkten Draht' zum
Internet hat, braucht keineswegs zu verzweifeln:
Web-Dokumente können auch über email
empfangen werden (Informationen darüber
erhält man, wenn man eine email zu
"listserv@info.cern.ch "sendet, mit www als
(einzigen) Text). Bei dieser indirekten
Informationsaufnahmen aus dem WWW entfällt
natürlich das reizvolle direkte Navigieren -
aber für den Empfang bestimmter
ausgewählter Dokumente ist es durchaus
geeignet.
23. Die sozialen und
gesellschaftlichen Vernetztungsprozesse, die etwa
durch den Buchdruck in Gang kommen, werden in
Eisenstein (1983) und Giesecke (1991) anschaulich
und mit einer Fülle von Beispielen aufgezeigt.
Daß in historischen Umbruchsitutionen des
Medienwechsels - etwa von der oralen Kultur zur
Druckkultur bzw. in der jetzigen
Übergangsphase zu digitalen Medienwelten -
sich die Befürchtungen, Ängste und
Einwände gegenüber den - jeweils - neuen
Medien ähneln zeigt Ong, Walter J.(1987),
Oralität und Literalität. Die
Technologisierung des Wortes, Opladen,
übersetzt aus dem Amerikanischen von Wolfgang
Schömel, Originaltitel (1982), Orality and
Literacy. The Technoligizing of the Word, London
auf: Veräußerlichung, Entsinnlichung.
Desubjektivierung bzw. Abwesenheit des
Sprechers/Autors, unkontrollierte Kopierbarkeit
ohne Authentizitätsgarantie sind etwa
Vorwürfe, die zunächst gegen die Hand-
Schrift, dann gegen den Buchdruck, jetzt gegen
digitale Texte erhoben werden. Zur Versachlichung
der Kontroverse um Heil und Segen neuer digitaler
Publikationsformen trägt Barlows
glänzende Beschreibung und Problematisierung
digitaler Informations-Umwelten bei. (Barlow, John
Perry (1994), Wein ohne Flaschen. Globale
Computernetze, Ideen-Ökonomie und
Urheberrecht, in: Lettre International, Heft
26 III/94, S.57-64) (Vgl. Anmerkung 40,41 und 43)
24. Ein Ausschnitt aus dem antiken
Druck zum Wissensbaum findet sich in der
Imaginären Bibliothek (siehe Anmerkung
49), eine Transkription des
Schematas in d'Alembert, Jean Le Rond (1989),
Einleitung zur 'Enzyklopädie',
Frankfurt/Main, aus dem Französischen
übersetzt von Annemarie Heins, Revision
Günther Mensching, S. 28-29).
25. Das Pariser Parlament bezieht
sich in seinem Verbot der Enzyklopädie 1759
explizit auf die subversive Funktion der
Querverweise ("[...] das ganze in diesem
Wörterbuch verstreute Gift findet sich in den
Verweisen."). Mit Verweisen von einem Band zu einem
(erst später erscheinenden) anderen wurde die
Zensur geschickt umgangen, etwa im berühmt
gewordenen Verweis von 'Menschenfresser'
(Anthropophages) im ersten Band auf die Begriffe
'Kommunion' und 'Eucharistie' oder vom orthodox
gehaltenen Artikel 'Jesus Christus ' auf den eher
ketzerischen Eintrag unter 'Eklektizismus ' (s.a.
d'Alembert/Diderot 1989:20 ff.)
26. Von den insgesamt
fünfunddreißig Bänden sind allein
zwölf Bände den Tafeln und Abbildungen
gewidmet, zwei Registerbände verzeichnen
Schlagworte, Wissensgebiete und Stichworte. Auch
die Zeichnungen und Tafeln sind in das komplexe
Verweissystem einbezogen, indem sie einerseits
bestimmte Zusammenhänge und Mechanismen
darstellen, Details am Rande erklären - und
gleichzeitig Verweise auf übergreifende
Artikel enthalten, die diese Einzelfunktionen
wiederum in einen größeren Zusammenhang
stellen. Die enzyklopädische Montage zeigt
Querschnitte durch Maschinen und
Arbeitsvorgänge, breitet die einzenen Objekte
vor dem Leser so aus, daß dieser diese wieder
zum eigenen Gebrauch zusammensetzen kann. Als
großangelegtes erstes kapitalistisches
Buchprojekt (die Geschichte dieses Projekts wird
ausführlich und spannend erzählt in
Darnton, Robert (1993), Glänzende
Geschäfte. Die Verbreitung von Diderots
Encyclopedie. Oder: Wie verkauft man Wissen mit
Gewinn?, Berlin, übersetzt aus dem
Englischen und Französischen von Hort
Günther, Originaltitel (1979), The Business of
Enlightment. A Publishing History of the
Encyclop‚die 1775-1800, Cambridge) beinhaltet sie
gleichzeitig Gebrauchsanweisungen zur Buch-
Herstellung (von der Papierproduktion über das
Setzen bis zum Druck): "In jedem dicken Buch steckt
ein dünnes, das heraus will."(ebd.:9) Der
Gebrauch der Enzyklopädie ist also der eines
aktiven, operationellen "Nachschlagens" - zur
fortlaufenden Lektüre nicht geeignet.
27.
http://jg.cso.uiuc.edu/welcome.html.
Bis jetzt sind hier über
zweihundertundfünfzig Titel verfügbar -
in einer anderen Liste (
http://www.cs.cmu.edu/Web/books.html), die auch
digitale Texte aus anderen Projekten verzeichnet,
sind über sechshundert Titel aufgeführt -
neben den Klassikern etwa auch James Joyce, Ludwig
Wittgenstein und viele Texte aus dem Bereich
Computer/Netzwerke - teilweise mit Illustrationen -
viele Texte liegen auch direkt im HTML-
Hypertext-Format vor.
28. Dabei stellt sich nicht nur das
Problem, daß es sich hierbei ausnahmslos um
englische Texte handelt, sondern die
Zitierfähigkeit dieser aufgefundenen
Textstellen leidet auch darunter, daß die
gebräuchlichen Angaben (etwa die exakte
Seitenzahl in dem entsprechenden Werk) aus dem
elektronischen 'Scroll-Text' nicht mehr ermittelt
werden können. Siehe Anmerkung 43
29. In der Gebrauchsanweisung
heißt es:
"Dieses kleine Werk [...] das jedermann erlaubt,
nach Belieben hunderttausend Milliarden Sonette zu
bilden [...], ist alles in allem so etwas wie eine
Maschine zur Herstellung von Gedichten. [...] Mit
jedem Vers (zehn an der Zahl) kann man zehn
verschiedene Verse in Übereinstimmung bringen;
es gibt also hundert verschiedene Kombinationen der
beiden Verse.; wenn man einen dritten
hinzufügt, wird es tausend geben, und für
die zehn vollständigen Sonette aus vierzehn
Versen hat man also das oben genannte Ergebnis.
[...] Wie Lautr‚amont so schön gesagt hat, die
Poesie soll von allen gemacht werden, nicht von
einem." (Queneau, Raymond (1984), Hundertausend
Milliarden Gedichte, Frankfurt/Main, aus dem
Französischen übertragen von Ludwig
Harig, Originaltitel (1961), Paris, o.S. aus
gegebenem Anlaß!)
30. Die Expanded Books sind
speziell für Macintosh-Powerbooks entwickelt
(640x400, S/W Grafiken, 4 MB) - ein portables
Environment, das ein komfortables Lesen digitaler
Texte in unterschiedlichen Umgebungen
ermöglichen soll.
31. Sie stellen somit ein
hervorragendes Distributions-Medium für linear
aufbereitete elektronische Dokumente dar, mit
umfangreichen tools für die Autoren,
die allerdings für die 'elektronischen Leser'
nicht mehr verfügbar sind - es können
z.B. keine Querverweise mehr eingebaut werden, die
Leseaktivitäten beschränken sich auf
Such-Operationen.
32. "Der Leser wird gebeten, diese
Seiten wie ein Kartenspiel zu mischen. Abheben darf
er, falls er es wünscht, mit der linken Hand,
wie bei einer Kartenschlägerin. Die
Reihenfolge, in der die Blätter liegen,
entscheidet über das Los des Mannes X. [...]
Von der Verkettung der Umstände hängt es
ab, ob das Geschehen gut oder schlecht endet. Ein
Leben setzt sich aus vielerlei Teilen zusammen.
Aber die Zahl der möglichen Zusammensetzungen
-compositions- ist unendlich."
33. Schwamm ist mit dem Programm
"Hypercard" in den Jahren 1988-91 (teilweise in
Kooperation mit Freunden, Mitbewohnern, Bekannten)
von Detlev Fischer als ein komplexes Text-Bild-
Netzwerk angelegt worden. Der Autor versendet den
jeweils neusten Stand des Projektes gegen
Einsendung von 4 HD-Disketten und Rückporto:
Detlev Fisher, 15 Central Buildings, Warcrick RA,
Coventry, CV36AJ, GB)
34. "In Wirklichkeit ist jeder Leser,
wenn er liest, ein Leser nur seiner selbst. Das
Werk des Schriftstellers ist dabei lediglich eine
Art von optischem Instrument, das der Autor dem
Leser reicht, damit er erkennen möge, was er
in sich selbst vielleicht sonst nicht hätte
schauen können."
36. A.- Auf Knopfdruck beginnt die
Maschine mit dem 73. Kapitel (es öffnet sich
Schublade 73); wenn man diese schließt,
öffnet sich Nr.1, und so fort. [...]
37. "The Telephone Book is going to
resist you. Because it operates with the logic and
theme of the switchboard, it sets the
destabilization of the receiver in motion. Your
mission [...] is to learn how to read with your
ears. [...] At first you may find the way the book
runs to be disturbing, but we have had to break up
its typographical logic. Like an electrical
impulse, it is flooded with signals. To break
through the hermetic sovereignty of the book, we
have simulated silence and false connections,
suspending the soothing rhythm of paragraphs and
conventional divisions.[...] You will become
sensitive to the switching on and off of
interjected voices, various calls. [...] Answer as
you would to the telephone, for the call of the
telephone is incessant [...] when you hang up, it
does not vanish but waits in the background. There
is no switch to the technological.
38. Es piept lang anhaltend. Die
Verbindung steht. Folgende Eingaben flitzen in
Realtime über den Bildschirm, so daß
kaum Zeit zum Lesen bleibt:
39. Einen wunderbaren Überblick
über Netzwerk-Aktivitäten bietet Volker
Grassmuck, der auch - in Absetzung von der
Gutenberg-Galaxis - gleich ein neues Paradigma
für das neue Zeitalter parat hat - "Die
Turing-Galaxis", die zunächst noch mit den
Benutzermetaphern der Gutenberg-Galaxis arbeitet:
"Der Computer tut so, als sei er Schreibmaschine,
Gedrucktes und Bibliothek. [...] Bibliothekare
gehörten zu den ersten, die die neue Galaxis
erschlossen und besiedelt haben. Mehr als tausend
Bibliothekskataloge sind heute online,
über siebenhundert digitale Zeitschriften,
Hunderte von Volltextbüchern [...] Wir
beobachten heute einerseits, daß
traditionelle Bibliotheken [...] sich auf
Volldigitalisierung und Vernetzung zuentwickeln.
Andererseits hat sich in der bislang wenig
bibliophilen Matrix eine Hypertextoberfläche
herausgebildet, die die Millionen angeschlossenener
Rechner effektiv zu einer Gesamtbibliothek mit
Fernleihe auf Tastendruck machen."(Grassmuck,
Volker R. (1995), Die Turing Galaxis. Das
Universal-Medium auf dem Weg zur Weltsimulation,
in: Lettre International, Heft 28, I/95, S.
48-55; hier: S. 51)
40. Auch die Leser des gedruckten
Textes sollen (im Ansatz) zumindest ein wenig die
Bewegungen und Operationsweisen nachvollziehen
können, die als Merkmale hypertextueller
Schreibweisen beschrieben werden. Weitere Text-
Transformationen im Kontext des Projekts PooL-
Processing (Heiko Idensen/Matthias Krohn - Hyper-
Media-Projekte seit 1987 - eine kurze
Zusammenfassung zum Ansatz von PooL-Processing
findet sich in Seyfarth 1995), die diese
Leserbeteiligung auf verschiedenen Ebenen zu
provozieren versuchen:
41. So lamentiert Bolter in seinem
Buch "Writing Space" (Bolter, Jay David
(1991), Writing Space. The Computer, Hypertext,
and the History of Writing, Hillsdale),
daß der lineare Drucktext das Heraufkommen
des elektronischen Buches nur annäherungsweise
beschreiben kann, weil der vielfach verzweigten
Struktur des elektronischen Text-Netzwerks die
lineare Organisationsweise der Druckkultur mit
ihren Unterordnungen und Übergängen
gegenübersteht. Am schwersten sei ihm dabei
der Rückfall vom vielstimmigen Hypertext in
die monotone auktoriale Stimme einer einzigen
(Autor-) Instanz gefallen. (ebd.:IX)
42. Dieses (vermeintliche) Ende wird
in der Nachfolge McLuhans (Mc Luhan, Marshal
(1968), Die Gutenberg-Galaxis. Das Ende des
Buchzeitalters, Düsseldorf und Wien,
übersetzt aus dem Amerikanischen von Dr. Max
Nänny, Originaltitel (1962), The Gutenberg
Galaxy, Toronto) von der aktuellen Medientheorie
besungen und teilweise auch durch die Entwicklung
neuer Diskursformen entsprechend in Szene gesetzt.
(Lyotard 1982, Baudrillard 1982, Kittler 1993, Bolz
1993, Flusser 1987, Rötzer 1991 und 1993,
Virilio 1993) - Solche "leeren Verweise" sind in
digitalen Texten nicht üblich. Während
die Verfasser (gedruckter) Texte sich durch eine
Überfülle von Verweisen auf 'anerkannte'
Diskurse selbst einen Autoritätszuwachs
erhoffen - dieser 'hermeneutische Zirkel'
schließt natürlich auch den Leser mit
ein, der die geläufigen 'Stellen' zu kennen
hat -, verzweigen digitale Texte tatsächlich
zu den entsprechenden 'Stellen'. Eine solche
radikaldemokratische Zugriffsweise auf die neuen
Wissensformationen läßt die
telematischen Kulturen auch im Lichte utopischer
Gesellschaftsentwürfe erscheinen. (S.a.
Idensen, Heiko (1993), "Hypertext als Utopie", in:
nfd (Zeitschrift für
Informationswissenschaft und -praxis), 1-93, S.
37-42).
43. So zeigt dann auch ein Vergleich
der Rezeption des gedruckten Textes einerseits und
der Hypertext-Version von "Writing Space"
(Bolter 1991) andererseits, daß zwischen der
emphatischen Hypertext-Theorie und der praktischen
Umsetzung durchaus noch eine große Kluft
liegt. Das einfache (mediale) Umsetzen
(Digitalisieren) von gedruckten Texten in eine
digitale Form ist erst der Anfang - das Umsetzen
poetischer und textueller Strategien in eine
interaktive digitale Dramaturgie - die dann auch
dem Leser außer Klicken und Scrollen
entscheidende Aktivitäten ermöglichen -
ist die eigentliche Herausforderung. S.a. Riehm,
U.; Böhle, K.; Wingert, B.(1992b),
Bücher über Hypertext und Hypertexte
der Bücher. Erfahrungen aus einer
Evaluation, Karlsruhe
44. Dem Wechsel von der oralen zur
Druckkultur (siehe Ong 1987) steht jetzt ein nicht
minder radikaler Übergang zu einer digitalen
Netzwerk-Kultur gegenüber - siehe auch Flusser
(1985), Rheingold (1991), Heim (1993). Vgl
Anmerkung 6 und 22.
45. Gregory Ulmer (1989) umschreibt
solche Diskursexperimente ironisch als eine
Fortsetzung der dekonstruktivistischen
Diskurstheorien mit medialen Mitteln und verbindet
in "Teletheory" Technikkultur, Wissenschaft,
Populärkultur und Alltagsleben. Als Antwort
auf die Reduktionen (Postmans und anderer) der
Neuen Medien auf die Bild-Aspekte (des Fernsehens)
sucht er nach einer neuen Praxis "elektronischen
Denkens": "I would like us to participate in the
invention of a style of thought as powerful and
productive as was the invention of conceptual
thinking that grew out of the alphabetic apparatus.
I want to learn how to write and think
electronically - in a way that supplements without
replacing analytical reason" (ix)
47. Programmoberfläche:
Storyspace.
Im Gegensatz zu gängigen Textverarbeitungs-,
Desktop-Publishing- oder auch
präsentationsorientierten Hypertext-Programmen
liegt der Schwerpunkt von Storyspace darin,
spontane Schreib-Prozesse zu unterstützen und
Strukturen für das Zusammenspiel und die
Verknüpfung von Ideen zur Verfügung zu
stellen.
Erreicht wird diese Funktionalität durch eine
Verräumlichung des Schreibaktes:
Die kleinsten Schreibeinheiten (Writing-
Spaces) werden als Boxen visualisiert, zwischen
denen Querverbindungen durch (benennbare) Pfeile
hergestellt werden können. Schreiben und Lesen
wird zu einem Akt dynamischer Vernetzung von
Ideenfragmenten, zu einem grafischen Mapping
von Gedankenbildern.
Zur elektronischen Weitergabe der Dokumente liegen
eine Vielzahl unterschiedlicher Reader vor,
die als selbständige Programme ablaufen. Mac
und Windows-Versionen sind datenkompatibel
(Quicktime-Einbindung und HTML-Export - zum Aufbau
von Hypertext-Dokumenten im WWW- bisher nur in der
Mac-Version).
49. Eine Möglichkeit, aus diesem
gedruckten Text heraus woandershin zu kommen, liegt
darin, den Computer anzuschalten und einen WWW-
Browser zu starten. Eine Home-Seite mit
interessanten Reisezielen (Verzeichnissen von
Verzeichnissen, Verzeichnissen von online-
Books und Magazinen, Kunst- und
Literaturprojekten, sozialen Topographien ...) kann
angefordert werden bei h.idensen@bionic.zer.de -
oder ist unter: "a.a.0." einzusehen in der
Imaginären Bibliothek:
http://www.uni-
hildesheim.de/ami/pool/home.html. Hier finden
sich auch Umsetzungen einiger literarischer
Hypertext-Experimente, sowie einige elektronische
Essays von PooL-Processing. Im Kontext der
jährlichen Tagungen "HyperCult" an der
Universität Lüneburg erscheint eine
Hypertext-CD-ROM, die die meisten der hier
angesprochen Hypertexte enthält. (Information:
Martin Schreiber: 04131-714472)
Schreiben (als ecriture im poetischen Sinne, als
Tätigkeit, als Machen, Hervorbringung)
geschieht (schon) immer on-line:
eingeschaltet in die Projektions-Apparatur (eines
Aufschreibe-Systems), schaltet der
Schreibprozeß ständig hin und her
zwischen Senden/Empfangen, Erinnern/Vergessen,
Fortführung/ Bruch ...
Eine genaue Syntaxbeschreibung von HTML findet sich
in Klute, Rainer (1995), Das WWW-Kompendium.
Multimedialer Hypertext im Internet, Bonn, das
(schon während der Entstehung - d.h. ca. sechs
Monate vor dem voraussichtlichen Erscheinen des
Buches) verfügbar ist unter:
http://www.nads.de/~klute/WWW-
Kompendium/Inhalt.html. Hier bietet der Autor
den Lesern seines online-Manuskriptes auch
eine Mitarbeit bei der Entstehung des Buches an:
Verbesserungsvorschläge, Ergänzungen,
sowie Bewertungen zu Struktur und Inhalt
können über ein Eingabefeld auf den
entsprechenden Seiten (automatisch per email)
direkt an den Autor geschickt werden. Extensive
Benutzung von Annotationsmöglichkeiten finden
sich in David Blairs "WaxWeb" - siehe Anmerkung 21
Zur Art of Memory siehe Yates, Frances A. (1990),
Gedächtnis und Erinnern: Mnemonik von
Aristoteles bis Shakespeare, Weinheim,
Originaltitel, (1966), The Art of Memory, London,
zur Entwicklung der Desktop-Metapher Brand, Steward
(1990), MEDIA LAB. Computer, Kommunikation und
Neue Medien. Die Erfindung der Zukunft am MIT,
Reinbek, aus dem Amerikanischen übersetzt von
Michael Mutz, Originaltitel (1987), The Media Lab,
New York, S.170 ff), Hypertext und Gedächtnis-
Metaphern Idensen, Heiko/Krohn, Matthias (1990b),
"Vom Hypertext in der Kunst zur Kunst des
Hypertext", in: Peter A. Gloor/Norbert A.Streitz,
Hypertext und Hypermedia, Berlin, S. 296-
300), Gedächtniskunst als Cyberspace Bartels,
Klaus (1991), Memory im Cyberspace, in:
Europäisches Medienkunst Festival,
Osnabrück, S. 216-220.
Diese literarische Spielform könnte
gleichzeitig ein Vorbild sein für die am
wenigsten 'literarischen' Spielformen im Netz: die
MUDs (Multi User Dungeons) - gemeinsame
Orte/Architekturen mit verschiedenen
Räumen/Zimmern, in denen mehrere Spieler
gleichzeitig ineinander verwobene 'Dialoge' - in
einer Art Rollenspiel - führen. Jeder Benutzer
/ 'Bewohner' dieser virtuellen Orte kann nicht nur
in vorhandenen Räumen agieren, sondern auch
neue Räume konstruieren, sich Objekte, Themen,
Initiativen ausdenken, neue Handlungsstränge,
Ebenen, Gesetzte und Regeln einführen und
naürlich selbst auch in neue 'Rollen'
schlüpfen. Neben spielerischen Verarbeitungen
sozialer Rollenkonflikte und möglicherweise
auch Entwürfen für neue soziale
Architekturen (die verschiedenen 'virtuellen
Städte': Amsterdam, Berlin (http://www.is.in-
berlin.de) ist vor allem die Entwicklung von
Computer-Supported Collaborative Work (CSCW)
zukunftsträchtig: Wissens-Architekturen,
Multimedia-Datenbanken, die kooperativ und
kollektiv von mehr oder minder festgelegten oder
offenen 'Gruppen' gemeinsam benutzt werden. So
haben sich etwa innerhalb des Waxweb-Projekts von
David Blair (ein 'interkommunikativer' Film, bei
dem die Zeitachse zugunsten von Querverbindungen
aufgelöst worden ist, bestehend aus
dreitausend WWW-Seiten, ca.
fünfundzwanzigtausend Hyperlinks,
fünfundachzig Minuten komprimiertem Video,
fünftausend Standbildern) verschiedene
autonome Arbeitsgruppen etabliert, die unterhalb
der vorgegebenen Strukturen eigene
'Räume'/Foren aufbauen (z.B. eine 'womens's
collaborative hypertext fiction working group' oder
Vorbereitungen zu elektronischen Magazinen und
Konferenzen. (bug.village.virginia.edu 7777).
Für Medienforscher ist am MIT der kooperative
Konferenz- und Arbeitsraum MediaMOO verfügbar
(purple-crayon.media.mit.edu 8888) Informationen zu
Web-basierten MUDs finden sich unter "
http://chiba.picosof.com/about". William Gibson
Fans dürften mit dieser Mischung aus
graphischen WWW-Seiten, auf die jetzt interaktive
Eingriffe seitens der Nutzer möglich sind,
gespannt sein. The Sprawl implementiert
Cyberspace-Welten - inklusive dem Entwurf für
eine neu Art der virtuellen Universität:
http://sensemedia.net/sprawl/(siehe auch
Grassmuck (1995: 54), der auch eine Sammlung von
Links zur Verfügung stellt:
http://ww.race.u-tokyo.ac.jp/RACE/MUD/mud.html.
Auch CD-ROM 'Auskopplungen' dieses immensen
online-Bücherbestandes (z.B. "Desktop
BookShop") sind verfügbar.
Der Bildschirm funktioniert als Buch:
-Markieren von Textpassagen per Schriftschnitt oder
Anstreichung am Rand
-Markierungen über 'Eselsohren' (mit
Kommentar) und vier 'Büroklammern'
-Anmerkungen in kleinerer Schrift im
Randbereich
Darüber hinaus ist eine einfache Suchfunktion
eingebaut, die sich auch zum Erstellen eigener
Index-Verzeichnisse verwenden läßt:
-durch Anklicken eines Wortes wird eine komplexe
Suchfunktion ausgelöst (Anzeige des gefundenen
Wortes in Extra-Fenster, ggf. im Kontext,
abspeicherbar)
-Übernahmen von Textteilen in ein Notizbuch
für komplexere Anmerkungen, die (samt Zitat
mit automatischer Stellenangabe) exportierbar sind.
Nachdem die kalifornische Voyager Company schon
eine Unzahl dieser elektronischer Bücher
(hauptsächlich 'klassische' Literatur und
Bestseller) für den amerikanischen Markt
publiziert hat, ist jetzt die
Programmoberfläche, mit der diese
elektronischen Bücher produziert worden sind,
verfügbar: das Expanded Book Toolkit.
Das Umsetzten von Fließtext in das
Expanded Book-Format geschieht über
eine einfache Import-Funktion. Die oben
beschriebenen Standard-Funktionen sind dann sofort
verfügbar. Editiert werden müssen dann
nur noch die gewünschten Querverbindungen
(Links), etwa von Inhaltsverzeichnissen auf
die entsprechenden Seiten oder Verschlagwortungen
nach Registerverzeichnissen. Da das Toolkit
auf 'Hypercard' aufsetzt, sind auch leicht
Anpassungen an spezielle Umgebungen möglich.
Voyager hat inzwischen auch einige multimediale CD-
ROMs mit diesem Toolkit produziert, die zu den
interessantesten Produktionen (im Bereich
Literatur, Kunst, Wissensvermittlung) gehören:
"Poetry in Motion" Lesungen/Performances und
Interviews amerikanischer Dichter - u.a. Bukowski,
Burroughs, Cage, Ginsberg - zu denen parallel die
jeweiligen Textstellen auf dem Bildschirm
erscheinen. Das Anklicken einer bestimmten
Textstelle läßt die Lesung sofort zu
eben dieser Stelle springen. Vgl auch Marvin
Minskys "The Society of Mind": die vernetzte
Struktur von dreihundertundacht Wissenspartikeln
wird hier dem Leser zur assoziativen
Verknüpfung dargeboten - unterstützt
durch teils animierte Grafiken und digitale
Videosequenzen.
Der Testlauf der bisher einzigen deutschen
Veröffentlichung (Bukowskis "Kaputt in
Hollywood" vom Maro-Verlag) wurde wegen mangelnder
Resonanz leider eingestellt.
(Grimm, Reinhold (1965), Marc Saporta oder der
Roman als Kartenspiel, in : Sprache im
technischen Zeitalter 14 / 1965, S. 1172-1184;
hier S. 1173)
"Hypercard" (für Macintosh und das Pendant
"Toolbook" für Windows) ist der 'Klassiker'
unter den Hypertext-Programmen mit folgenden
Merkmalen:
Objektorientierte Oberfläche, auf der sich
komfortabel und einfach Felder, Buttons, Grafiken
etc. erstellen lassen; Karten- und Datei
(Rollfenster)-Metapher für Textdarstellung;
Umfangreiche Navigationswerkzeuge; eine
Scriptsprache im Hintergrund sorgt für
Erweiterbarkeit, gestaltbares Interface (bis auf
Betriebssystem-Ebene) komplexe Vernetzungen; durch
konsequent visuelles Interface-Design geeignet als
Oberfläche zur Steuerung hypermedialer
Anwendungen (Ton und Bewegtbild-Einbindungen
über Quicktime / Video für Windows).
Neben Beispielanwendungen, die beiden Programmen
beiliegen, sind für die verschiedensten
Bereiche Public-Domain-Anwendungen verfügbar:
Bibliographie- Datenbanken, Text-Generatoren
("Story Producer", "Fiction Writers Guidelines",
"HyperDraft" ...), Index-Generatoren,
Zitatensammlungen ... (12-49 $ bei HEIZER Software,
1941 Oak Park Blvd. Suite 30, P.O.Box 232019,
Pleasant Hill, CA 94 523, USA)
Eine der interessantesten mit "Hypercard"
erstellten Veröffentlichungen ist"Beyond
Cyberpunk. A do-It-Yourself Guide to the
Future" (lauffähig auf jedem Mac, 5
Disketten zu beziehen über Eastgate oder von
den Autoren: The Computer Lab, Rt. 4 Box 54C,
Louisa, VA 23093, USA für $ 35,-): Auf
mehreren Text- und Bild-Fenstern können
Manifeste, Zeitschriften, Romane, Theorien,
Standbilder aus Filmen - mit kleinsten Sound-
Beispielen untermalt - zur Computer- und Cyber-
Kultur abgerufen werden. Durch eine Vielzahl von
Verweisen entsteht in Anlehnung an die zitierten
Texte, Comiks, Musiken und Filme ein sehr
lebendiges Bild der 'Computer-Underground'-Kultur.
(Proust, Marcel (1957),Auf der Suche nach der
verlorenen Zeit, Band I-XIII, Frankfurt/Main ,
übersetzt aus dem Französischen von Eva
Rechel-Mertens, Originaltitel (1920), A la
recherche du temps perdu, Paris; hier: XIII: 329)
siehe Anmerkung 12 und 13
D.- Knopf, der zur Lektüre des Ersten Buches
bestimmt ist, das heißt fortlaufend vom 1.
bis zum 56. Kapitel. Schließt man die
Schublade Nr.1 öffnet sich die Schublade Nr.
2, und so fort.
E.- Knopf, um die Maschine abzuschalten, sobald man
den Endzyklus erreicht hat: 58-131-58-131-58 usw.
F.- Bei dem Modell mit Bett öffnet dieser
Knopf den unteren Teil und das Bett steht bereit.
[...]
In einer zusätzlichen Anleitung wird Knopf G
erwähnt, den der Leser im äußersten
Fall drücken soll, und der dazu dient, den
ganzen Apparat in die Luft zu sprengen.
(Cort…zar, Rayuela (1979) Von einer anderen
"Machine celibataire", in: Reise um den Tag in
80 Welten, Frankfurt / Main 1979, S. 95-106,
übersetzt aus dem Spanischen von Rudolf
Wittkopf, Originaltitel: La vuelta al dia en
ochenta mundos, Buenos Aires, 1979; hier: S. 104
ff)
(Avital Ronell, The Telephone Book, A User's
Manual)
"Geschwindigkeit für mich ist
unumgänglich - email ist schnell und der
Alltag hier ist schnell, die Tage verändern
sich Tag für Tag -, da ich stets vor den
offiziellen Worldnews liegen will. Indem ich euch
da draußen darauf vorbereite, daß in
nächster Zukunft etwas passiert, mache ich
euch etwas unabhängiger vom Fernsehen oder den
Zeitungen. ( :- " (WAM, 18.7. 1992)
Wer mitschreiben möchte, sendet Beiträge
in das Brett /T-NETZ/TAGEBUCH. Wie? In die
Betreffzeile zu dem Text und an den Anfang jedes
Tagebuchtextes bitte Namen, Ort und (Abfassungs)-
Datum schreiben.
Um weder Leser noch Schreiber zu überfordern,
sollte man einen Umfang von etwa ein oder zwei
Bildschirmseiten pro Woche als Richtmaß ins
Auge fassen. Wichtiger als Länge ist
Kontinuität. Viel Spaß beim Tagewerken.
(Peter Glaser, 11.1.1993 20:53:33, der die
Übersetzungen und die Koordination des
Projekts übernommen hat.
(p.glaser@bionic.zer.de) Das Brett T-Netz /
Tagebuch ist in vielen Netzen zu finden, so auch in
der //BIONIC - Mailbox (Bielefeld): 0521/68000)
Eine Navigation durch die PooL-Datenbank zur Ars
Elektronica 1989 (Idensen, Heiko/Krohn, Matthias
(1990a), "Connect it! Eine Navigation durch die
PooL-Datenbank zur Ars Electronica 1989", in: Ars
Electronica (Hg.), Im Netz der Systeme,
Berlin, S. 123-140) ist der Versuch, das Symposion
"Im Netz der Systeme" in den Kontext anderer
Materialien des Medienkunstfestivals zu stellen:
Beschreibungen, Entwendungen, Pastiches von
Installationen, Katalog- und Archiv-Texte mischen
sich mit Passagen aus den Vorträgen (Paul
Virilio, der kurzfristig abgesagt hatte, wird
über Zitate aus seinen Veröffentlichungen
wieder eingeschleust). Die (übertrieben)
utopischen Forderungen damaliger Medientheoretiker
werden in einem post-futuristischen "Manifest
für virtuelle Produktionen" persifliert: "Die
Losung heißt nicht mehr, 'Der Autor muß
Agent der Massen sein!', sondern 'Aus
Konsumgütern PRODUKTIONSMITTEL machen!'; nicht
mehr 'Alle Macht der Phantasie!', sondern 'Aus
Projektionen Projektile machen!' [...] Das Plagiat
it notwendig! Wir alle sind Hacker, Cyber-Punker,
Kopisten, Simulanten, Neuromancer,
Enzyklopädisten, Kombinatoriker,
Wunschmaschinen, Warhols, Ecos, Weibels, Sonys
[...] Freien Zugang zu allen Terminals, Datenbanken
und Archiven! [...] 'BEAM ME UP, SCOTTY!' " (ebd.:
139)
In "Bild-Schirm-Denken" (Idensen, Heiko/Krohn,
Matthias (1994), "Bild-Schirm-Denken. Manual
für hypermediale Diskurstechniken", in Norbert
Bolz/Friedrich Kittler/Christoph Tholen (Hg.),
Computer als Medium, München, S. 245-
266) wird ein alphabetisch organisiertes Manual
vorgelegt, das aus kleinsten Operationen/Handlungen
zusammengesetzt ist. Durch "Hin- und Herschicken,
Aussieben, Umschreiben, Löschen, Kopieren"
(ebd.:246) kleinster Theorie-Momente hat sich diese
Textur herausgebildet, die mit zahlreichen
Querverweisen durchsetzt ist, um den Leser zum
Navigieren durch den Text anzuregen:. "Das
vorliegende Glossar soll zu einem
enzyklopädischen Gebrauch anregen:
Nachschlagen, Querverweisen folgen, Querlesen und -
denken. (ebd.:245)
Der Text "Zur Natur digitaler Medienwelten"
(Idensen, Heiko (1994), "Hypermedia-
Kulturtechniken: Zur Natur digitaler Medienwelten",
in: Jan Berg/Kay Hoffmann (Hg.), Natur und ihre
filmische Auflösung, Marburg, S.S.21-52)
wird vor dem Auge des Lesers auf einen Computer-
Bildschirm projiziert (als Animation, Bildschirm-
Schoner, durchsetzt von Systemmeldungen und
entsprechenen Eingaben als Regieanweisungen). Die
Entstehung von Texten aus Datenbanken und
Versatzstücken aus Netzwerken mit Hilfe eines
intelligenten Screen-Writers wird simuliert: Die
Entstehung des Textes beim Klicken. (zu
online-Aktivitäten siehe Anmerkung 49).
Informationen zum Programm und zu Hypertext-
Projekten über:
http://northshore.shore.net/~eastgate/
September-24-1995